دانلود کتاب Überweltliches Leben in der Welt : der Mensch im Zeichen der Ganzwerdung
by Karlfried Graf Dürckheim
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عنوان فارسی: متعالی زندگی از جهان : در نشانه ای از تبدیل شدن به یک |
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جزییات کتاب
Wie zu allen Zeiten, so steht auch heute die Trägheit des Gewordenen
dem Neu-Werdenden im Wege. Nur wo das Licht
des überweltlichen Lebens in der Welt aufgeht, zergehen die
Nebel, die seinsferne Einseitigkeit über die Wahrheit des
Daseins gelegt hat. Dann erweisen sich Gegensätze, die in der
begrenzten Sicht unreifer Menschen entstehen, als falsche
Fronten, und der Weg wird frei für die einzig gültige Frontbildung:
Zwischen den zu allen Opfern bereiten Zeugen des
Lebens und den ichverhafteten Werkzeugen der Mächte, die
das Leben aus dem Sein, also das LEBEN, böswillig oder auch
wohlmeinend verfälschen oder verhindern.
Rebellion der Jugend. Was bedeutet sie? Den Aufstand so
darzustellen, als sei es ein Kampf zwischen den Guten und den
Bösen, ist wahrhaft zu einfach. Hinter den Gegensätzen steht
etwas ganz anderes, etwas, das dem Für oder Gegen seine
wahren Maßstäbe gibt: Das LEBEN.
Wo sich die in langer Tradition geheiligten, organisch gewachsenen
Kollektive zu unheiligen Organisationen verwandeln,
werden ihre Glieder auf sich selbst zurückgeworfen und
erkennen in der Begegnung mit ihrem tieferen Kern allzuoft
die Kernlosigkeit und Unglaubwürdigkeit derer, die über sie
Macht haben.
Hüter der Ordnung können Widersacher des Lebens sein.
Feinde der Ordnung können Zeugen des Lebens sein. Heute
stehen wir vielerorts im Zeichen des Auf Standes gegen die
Träger einer Ordnung, die lebenswidrig geworden ist, weil sie
alle Wandlung verhindert. Aber wir stehen auch im Zeichen
von Mächten, die, indem sie gegen jede Form sind, Leben bedrohen.
Alles Lebendige ist Form und Verwandlung, ist, wo es in
Ordnung ist, durchlässige Form und geformte Durchlässigkeit
zugleich. Fehlen aller Form macht Leben ebenso unmöglich
wie verkalkte Form. Aufstand gegen die Ordnung ist legitim,
wenn er im Zeichen des Lebens steht. Er ist illegitim, wo er
unter revolutionärem Vorwand aller Ordnung den Krieg erklärt.
Es gibt zwei Weisen, mit denen der Widersacher des
Lebens das Leben bedroht oder vernichtet: Die Auflösung und
die Erstarrung. Hier wie dort kommt Leben zum Stillstand.
Die Bewegung in die Form und in ihre Vollendung, und die
andere Bewegung, die alle gewordene Form heimnimmt in das
All-Eine, gehören zusammen im ewigen Rhythmus des Lebens.
Wo die Pole sich in Gegensätze verwandeln, entstehen die falschen
Fronten; so überall dort, wo sich die dialektische Bewegung,
in der Leben sich darlebt, zu Positionen versteift. Dann
münden sie ein in unfruchtbare Diskussionen wil! beispielsweise
so oft zwischen Vertretern fernöstlicher und westlicher
Traditionen.
Im Streit zwischen „östlich" und „westlich" verhärten sich
zu Gegnern häufig die Zeugen eines mehr männlich-patriarchalen
und eines mehr weiblich-matriarchalen Geistes. Jedoch
wie das Männliche und das Weibliche im Menschen so gehört
beides zum Heilsein des Ganzen - im Osten, sowohl wie im
Westen. Die Unfruchtbarkeit der hier sich bildenden falschen
Fronten zeigt sich am deutlichsten in der Auseinandersetzung
zwischen den Religionen.
Religionen trennen. Lebendige Religiosität verbindet; denn
sie gründet in einem allen gemeinsamen Urerleben und bewegt
sich im Rhythmus einer alle Religiosität bewegenden Dialektik
zwischen dem Glauben an eine vom Menschen getrennte
Gottheit und der mystischen Erfahrung eines alle Dualität
aufhebenden All-Einen. Vielfach bedingt und zugleich fruchtbar,
liegt in diesem Rhythmus die Betonung bald auf dem
einen, bald auf dem anderen. Wo dieses oder jenes zur Grundposition
und zum Endziel der Religion wird, trennen sich die
Wege. Doch hier wie dort wird im Reich des Religiösen nur
im Hin und Her zwischen den Positionen das überweltliche
als das LEBEN sichtbar. Es ist an der Zeit, an die Stelle der
am Unterschied zwischen östlichem und westlichem Geist entbrannten
Fronten die richtige Frontbildung entstehen zu lassen.
Dann tritt quer durch alle Verschiedenheiten von Ost und
West der tötenden Statik verteidigter Positionen die Dynamik
des sich immer polar darlebenden religiösen Lebens entgegen,
darin alle Fixierung gegenständlich begriffener Glaubensinhalte
immer wieder heimgenommen wird in die Erfahrung des
übergegenständlichen LEBENS.
Wo Sein zur Erfahrung wird kann auch die Unfruchtbarkeit
einer anderen Frontbildung überwunden werden, die
heute'\die Gemüter fortschreitend bewegt: Die Gegenüberstellun$
derer, die an Gott glauben - Christen oder auch gottgläubige
Nicht-Christen - mit all denen die, die nicht an
Gott-glauben, Marxisten und Humanisten, aber auch Buddhisten
und andere. Es mag verdienstlich sein und ein Fortschritt
gegenüber Zeiten radikaler Intoleranz, daß in jüngster
Zeit Gläubige und „Nicht-Gläubige" miteinander ins Gespräch
kamen. Aber, ob sie sich schlagen oder sich mit einem
nicht immer aufrichtigen Lächeln tolerieren, sich gegenseitig
belächeln oder bedauern, - in ihrer Gegensätzlichkeit bilden
sich falsche Fronten. Gerade ihr „friedliches" Gegeneinander
verdeckt eine Frontbildung, die wesentlich ist, und auf die es
heute ankommt: Die Front zwischen denen, die keine Verbindung
mit der Transzendenz haben, Menschen, die seinsfern
sind und sein wollen, und denen, die in einer lebendigen Fühlung
zum überweltlichen Sein stehen - nicht nur kraft ungebrochenen
Glaubens, sondern auf Grund echter Seinserfahrung
oder auch kraft einer ursprünglichen Seinsoffenheit des Gemütes,
die ganz unreflektiert fromm macht, ansprechbar für
die numinosen Mächte und sakralen Gehalte des Lebens. /.../
Tüchtigkeit in der Welt und Gültigkeit weltlichen Werkes
wachsen mit der Reife, und diese wiederum wächst in Wahrheit
nur dort, wo der Mensch der Welt nie ausweicht, sondern
sich ihren Verpflichtungen stellt. Innerlichkeit und Welt aber
sind übergriffen vom Anspruch des Seins, sich hier wie dort in
eigener Sprache zu äußern. Innerlichkeit und Welt sind wie
Seele und Leib zwei Seiten eines lebendigen Ganzen, darin der
Mensch sich als Person darlebt. Nicht Innerlichkeit und Welt
trennen die Geister. Sie scheiden sich vielmehr an der Präsenz
des Seins. Sie unterscheiden sich als Mündige und Unmündige,
als solche, die verantwortlich um Transparenz wissen oder
nicht und nach einer seinsgemäßen Gestalt trachten oder nicht.
Sie unterscheiden sich darin, daß sie sich im Exercitium stellen
oder nicht und endlich daran, ob sie sich am Ende in einer
Menschlichkeit zu erfüllen suchen, die kraft einer immanenten
Transzendenz das Menschsein auf eine höhere Stufe hebt und
damit der wahren Bestimmung des Menschen gerecht wird.