دانلود کتاب Nationalizing the Russian Empire: The Campaign against Enemy Aliens during World War I
by Eric Lohr
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عنوان فارسی: ملی امپراتوری روسیه : مبارزه با دشمن بیگانگان در جنگ جهانی اول |
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جزییات کتاب
Für die deutsche Leserschaft dürfte dieses Buch auch deshalb interessant sein, da es bei Lohr oft um das widersprüchliche Verhalten der russischen Regierung gegenüber den verschiedenen deutschstämmigen Gruppen, wie den Baltendeutschen und deutschen Siedlern, geht. Dies war nicht zuletzt eine Folge der Präsenz deutschstämmiger Personen am Zarenhof und im Beamtenapparat, was womöglich ein wichtiger Bestimmungsfaktor für die Februarrevolution von 1917 war. Auch ist es aus deutscher Sicht verblüffend zu beobachten, daß die zaristische Regierung in ihrem Verhalten gegenüber Nichtrussen die jüdische Bevölkerung des Zarenreiches in vieler Hinsicht mit der deutschstämmigen gleichsetzte. Wichtig ist zudem Lohrs Hinweis darauf, daß die mit breiter Unterstüzung in der russischen Bevölkerung durchgeführten xenophoben Kampagnen einen wichtigen Hintergrund für das dann überproportionale Engagement deutsch- und jüdischstämmiger sowie anderer nichtrussischer junger Männer und Frauen in den revolutionären Bewegungen des späten Zarismus darstellte (S. 169).
Aufschlußreich ist weiterhin Lohrs theoretische Perspektive auf die Ursachen und Mechanismen des Anstiegs nationalistischer Gefühle und Aktionen. Er sieht den Formierungsprozeß von Nationalismen weniger als einen langfristigen und kontinuierlichen Prozeß sondern als geprägt von markanten, mobilisierenden Schlüsselereignissen, die quasi als Katalysatoren für Nationswerdungsprozesse wirken, an. Er konzipiert den Ersten Weltkrieg und die damit zusammenhängenden Kampagnen innerhalb des Russischen Reiches als einen solchen Schub in der Prägung des russischen Nationalbewußtseins und Nationalismus.
Eine derartige Interpretation stellt nicht nur eine gute Rechtfertigung für die Fokussierung Lohrs auf eine eng eingegrenzte Geschichtsperiode bei der Beleuchtung des russischen Nationswerdungsprozesses dar. Diese theoretische Perspektive kann auch dazu dienen, die oft von russischer und teilweise auch westlich-russophiler Seite beklagte angeblich mangelnde Ausprägung des heutigen russischen Nationalbewußtseins (z.B. bei Geoffrey Hosking) zu hinterfragen. Wenn es bereits Anfang des vergangenen Jahrhunderts eine derart tiefgehende, in alle Bevölkerungsteile hineinreichende und intensive Identifikation mit der russischen Nation sowie darüber hinaus erhebliche Xenophobie unter den Russen gegeben hat, ist schwer nachzuvollziehen, wie man heute noch von einem Rückstand in der Nationsbildung der Russen sprechen kann. Da es bereits lange vor der Russifizierungskampagne und dem Antisemitismus unter Stalin sowie dem Wiedererblühen des russischen Nationalismus seit Breznev ein derart markantes katalysierendes Ereignis in der Entwicklung des russischen Nationalismus gegeben hat, scheint ein Befürwortung des Erstarkens des russischen Nationalbewußtsein heute als nur wenig verständlich (wobei anzumerken ist, daß Lohr derartige weitergehende, hier von mir eingeführte Implikationen seines Buches womöglich nicht bejahen würde).
Obwohl Lohr hier nur eine thematisch und zeitlich eng eingegrenzte Episode in der Evolution des russischen Nationalismus beleuchtet, ist seine Studie bedeutsam, da es eben ein Schlüsselereignis in diesem Prozeß beleuchtet. Lohr tut dies zudem mit einer Gründlichkeit und theoretischen Finesse, die seine Studie als in vieler Hinsicht beispielhaft erscheinen läßt.